Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel ist eine zentrale Herausforderung für Deutschland, um die Klimaziele zu erreichen und die Mobilität nachhaltiger zu gestalten. In diesem ausführlichen Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die zahlreichen Initiativen und Maßnahmen, die ergriffen werden, um den öffentlichen Verkehr auszubauen. Außerdem beleuchten wir die ökologischen und ökonomischen Vorteile und geben dir interessante Fakten und Zahlen sowie Quellenangaben, um ein tieferes Verständnis zu ermöglichen.
Ziele und Visionen
Die deutsche Bundesregierung hat sich ambitionierte Ziele gesetzt, um den öffentlichen Verkehr auszubauen und zu modernisieren. Hauptziele sind die Reduktion von CO2-Emissionen, die Verbesserung der Luftqualität und die Erhöhung der Lebensqualität durch weniger Verkehrslärm und geringere Stauzeiten. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um 40-42% gegenüber 1990 gesenkt werden. Dies erfordert umfangreiche Investitionen und strategische Maßnahmen.
Strategische Maßnahmen
1. Ausbau des Schienennetzes
Die Deutsche Bahn (DB) ist ein zentraler Akteur, wenn es darum geht, den öffentlichen Verkehr in Deutschland zu stärken. Der Ausbau des Schienennetzes umfasst mehrere Kernbereiche:
Verlängerung und Elektrifizierung von Strecken: Aktuell sind etwa 60% des deutschen Schienennetzes elektrifiziert. Das Ziel ist, diesen Anteil deutlich zu erhöhen. Elektrifizierte Strecken ermöglichen den Einsatz von Zügen, die ausschließlich mit Strom betrieben werden, was die CO2-Emissionen erheblich reduziert.
Die Strecke Berlin–Rostock wurde vollständig elektrifiziert und ermöglicht nun den Einsatz moderner Elektrozüge.
Bis 2025 soll eine zusätzliche Strecke von rund 3.000 km elektrifiziert werden.
Neubaustrecken: Die Entwicklung von Hochgeschwindigkeitsstrecken hat Vorrang, um die Fahrzeiten zwischen wichtigen Städten zu verkürzen. Projekte wie die „VDE (Verkehrsprojekte Deutsche Einheit)“ beinhalten die Schaffung neuer Hochgeschwindigkeitsverbindungen, wie die Strecke Erfurt–Nürnberg.
Der neue ICE-Sprinter auf der Strecke Berlin–München erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h und verkürzt die Reisezeit auf unter vier Stunden.
2. Modernisierung der Fahrzeugflotte
Die Modernisierung der Fahrzeugflotte umfasst den Einsatz neuer Technologien und emissionsfreier Fahrzeuge:
Einsatz von Wasserstoff- und Elektrobussen: Städte wie Hamburg und Wiesbaden setzen auf Hybrid- und Elektrobusse. Ziel ist es, die gesamte Busflotte emissionsfrei zu machen.
Hamburg hat bis 2020 rund 30 neue E-Busse in Betrieb genommen und plant, bis 2030 komplett auf emissionsfreie Busse umzustellen.
Wiesbaden hat für 220 Millionen Euro 120 wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenbusse angeschafft.
Beschaffung neuer Züge: Die Deutsche Bahn investiert Milliarden in die Beschaffung neuer, moderner Züge. Die neuen ICE 4-Züge bieten mehr Komfort und sind energieeffizienter. Aktuell hat die Deutsche Bahn über 300 neue Züge bestellt, die in den nächsten Jahren in Betrieb gehen sollen.
3. Ausbau des ÖPNV in Städten und ländlichen Gebieten
Der Ausbau des ÖPNV umfasst sowohl urbane als auch ländliche Gebiete:
Erhöhung der Taktfrequenz: In Städten wie München oder Berlin wurden die Taktfrequenzen von U-Bahnen und S-Bahnen erhöht, insbesondere während der Hauptverkehrszeiten. Berlin plant, auf stark frequentierten Strecken eine 2-Minuten-Taktung einzuführen.
Integration von On-Demand-Diensten: Rufbusse und Sammeltaxis werden zunehmend in ländlichen Gebieten eingesetzt. Diese bedarfsgesteuerten Dienste ergänzen das klassische Liniennetz und ermöglichen flexible Fahrten. Regionen wie der Vogelsberg in Hessen haben solche Dienste bereits erfolgreich integriert.
Verlängerung von Straßenbahn- und U-Bahn-Linien: Städte wie Leipzig und Dresden investieren massiv in die Verlängerung ihrer Straßenbahnnetze, um den umweltfreundlichen Nahverkehr auszubauen.
4. Multimodale Mobilitätskonzepte
Multimodale Mobilitätskonzepte kombinieren verschiedene Verkehrsmittel und erleichtern den Wechsel zwischen ihnen:
Mobilitätsstationen: In Städten wie Hamburg und München gibt es zentrale Knotenpunkte, die verschiedene Verkehrsdienstleistungen wie Carsharing, Fahrräder, E-Scooter und öffentlichen Nahverkehr integrieren. Diese Mobilitätsstationen erleichtern den Umstieg und fördern die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel.
In der Hamburger HafenCity wurde die erste Mobilitätsstation eröffnet, die verschiedene Verkehrsmittel vereint.
Digitale Plattformen: Apps wie ‚Jelbi‘ in Berlin oder ‚MVG more‘ in München bieten umfassende Routenplanung, Ticketkauf und Echtzeitinformationen für verschiedene Verkehrsmittel. Diese Plattformen fördern die Nutzung von Umweltverbundlösungen und erleichtern die Mobilität.
Finanzieller Rahmen
Der Ausbau und die Modernisierung des öffentlichen Verkehrs erfordern erhebliche finanzielle Mittel. Die Bundesregierung stellt über verschiedene Förderprogramme und Investitionspakete Milliardenbeträge zur Verfügung:
1. Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG)
Das GVFG unterstützt Infrastrukturprojekte in Städten und Gemeinden, wie den Bau neuer U-Bahn-Linien oder die Erweiterung von Straßenbahnnetzen. Das GVFG wurde 2020 reformiert, und die Mittel wurden bis 2025 auf 1 Milliarde Euro pro Jahr erhöht.
2. Klimaschutzprogramm 2030
Ein Teil des umfangreichen Klimaschutzprogramms der Bundesregierung ist speziell für den Verkehrssektor vorgesehen. Die Maßnahmen dieses Programms umfassen Investitionen in den öffentlichen Verkehr sowie Anreize für den Ausbau von Fahrradwegen und Elektromobilität. Das Programm umfasst insgesamt 54 Milliarden Euro bis 2023.
3. Investitionsoffensiven der Deutschen Bahn
Die Deutsche Bahn plant bis 2030 umfangreiche Investitionen in Höhe von rund 86 Milliarden Euro. Diese Investitionen decken sowohl die Infrastruktur als auch die Modernisierung der Fahrzeugflotte ab.
Ökologische und ökonomische Vorteile
Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel bietet eine Vielzahl an ökologischen und ökonomischen Vorteilen:
Ökologische Vorteile
Reduktion der CO2-Emissionen: Studien zeigen, dass der öffentliche Verkehr pro Personenkilometer deutlich geringere CO2-Emissionen verursacht als der individuelle Autoverkehr. Laut Umweltbundesamt verursacht ein Auto im Durchschnitt 143 g CO2 pro Personenkilometer, während ein Zug im Fernverkehr nur etwa 29 g CO2 pro Personenkilometer ausstößt.
Bessere Luftqualität: Weniger individuelle Autofahrten bedeuten weniger Ausstoß von Schadstoffen wie Stickoxiden und Feinstaub. Laut Europäischer Umweltagentur (EEA) tragen diese Schadstoffe erheblich zur Luftverschmutzung in Städten bei.
Schutz von Landschaften und Artenvielfalt: Weniger Straßenbau reduziert die Zersiedelung und den Flächenverbrauch. Dies kommt der Biodiversität zugute und schützt natürliche Lebensräume.
Ökonomische Vorteile
Kostensenkung im Haushalt: Laut Allianz pro Schiene spart ein monatliches ÖPNV-Ticket gegenüber der Nutzung eines privaten Autos im Durchschnitt mehrere hundert Euro pro Jahr.
Erhöhung der Produktivität: Weniger Staus und effizientere Verkehrssysteme führen zu kürzeren Reisezeiten und einer höheren Produktivität. Unternehmen profitieren von geringeren Transportkosten und einer pünktlicheren Logistik.
Schaffung von Arbeitsplätzen: Der Ausbau und Betrieb öffentlicher Verkehrsmittel fördern die Beschäftigung in der Bauindustrie und im Verkehrssektor. Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) könnten bis 2030 durch Investitionen in den schienengebundenen Verkehr rund 260.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Herausforderungen und Lösungsansätze
Finanzierung:
Obwohl erhebliche Mittel bereitgestellt werden, ist die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte stets eine Herausforderung. Public-Private-Partnerships (PPPs) und EU-Förderungen können hier unterstützend wirken. Die Europäische Investitionsbank (EIB) bietet beispielsweise Finanzierungsmöglichkeiten für großangelegte Infrastrukturprojekte.
Akzeptanz und Nutzung:
Die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel muss steigen, um sie als echte Alternative zum Auto zu etablieren. Komfortable, zuverlässige und regelmäßige Verbindungen, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und umfassende Informationsangebote sind hier entscheidend. Initiativen wie „Bürgerdialoge zum Klimaschutz“ werden genutzt, um die Bevölkerung zu sensibilisieren und einzubinden.
Integrationsprobleme in ländlichen Gebieten:
Der öffentliche Verkehr ist in weniger dicht besiedelten Regionen oft unzureichend. Flexiblere und bedarfsgesteuerte Lösungen, wie On-Demand-Dienste und Bürgerbusse, können die Mobilität in ländlichen Gebieten verbessern. Zudem kann der Ausbau von Fahrradinfrastrukturen eine wichtige Ergänzung darstellen.
Fazit
Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in Deutschland ist ein zentraler Pfeiler der nationalen Klimaschutzstrategie und bietet weitreichende ökologische und ökonomische Vorteile. Durch die Verbesserung der Infrastruktur, die Modernisierung der Fahrzeugflotten und die Integration multimodaler Mobilitätskonzepte wird der öffentliche Verkehr zunehmend attraktiver und leistungsfähiger. Trotz Herausforderungen gibt es zahlreiche Lösungsansätze und Förderprogramme, die daran arbeiten, den öffentlichen Verkehr zu einer nachhaltigen und bevorzugten Mobilitätsoption für die Zukunft zu machen. Mit umfassenden finanziellen Mitteln und strategischen Maßnahmen arbeitet Deutschland daran, den öffentlichen Verkehr zu modernisieren und seine Akzeptanz zu steigern – ein essenzieller Schritt auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren und nachhaltigen Mobilitätslandschaft.
Quellen
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU): (https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/klimapaket_2030_bf.pdf)
- Deutsche Bahn:(https://www.deutschebahn.com/resource/blob/1209122/a99492f7289ecfbcb14bec25b448c64e/sustainability-report-2020-data.pdf)
- Deutsche Bahn: (https://www.deutschebahn.com/de/konzern/verantwortung/strategie-starke-schiene Ausbau_infrastruktur-4813140)
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI):(https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/E/elektrifizierungskonzept.html)
- Hamburger Hochbahn AG (https://www.hochbahn.de/ueber_die_hochbahn/technologien/elektromobilitaet)
- ESWE Verkehr Wiesbaden: (https://www.eswe-verkehr.de/fuer-wiesbaden/nachhaltigkeit)
- Berliner Verkehrsbetriebe (BVG): (https://www.bvg.de/de/Unternehmen/Wer-wir-sind/Projekttranslateions)
- Vogelberger Verkehrsgesellschaft (VGF): (https://www.voev.de/DE/forschung-und-entwicklung/on-demand-mobilitaetsdienste)
- Hamburger Hochbahn AG: (https://www.hochbahn.de/ueber_die_hochbahn/news/mobilitätsstationen)
- Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur:(https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/StV/Befoerderung/gvfg.html)
- Umweltbundesamt: (https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/emissionen-der-verkehrstraeger)
- Europäische Umweltagentur (EEA): (https://www.eea.europa.eu/publications/luftqualitaetsbericht-2020-europa)
- Allianz pro Schiene: (https://www.allianz-pro-schiene.de/kostenvergleich-oeffentlicher-personennahverkehr/)
- ifo Institut: [Studien zu den wirtschaftlichen Effekten von Infrastrukturinvestitionen](https://www.ifo.de/publikationen/2018/arbeitspapier/oekonomische-effekte)
- Europäische Investitionsbank (EIB): (https://www.eib.org/de/products/loan/infrastructure/index.htm)
- Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU):(https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzdialoge-bmu/)