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Klimafreundliches Heizen: Ökogas im Faktencheck

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Die globale Energiewende und die zunehmende Dringlichkeit des Klimaschutzes haben in den letzten Jahren zu einem verstärkten Umdenken in der Energieversorgung geführt. Während erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft im Stromsektor bereits etabliert sind, stellt die Wärmeversorgung jedoch eine größere Herausforderung dar. Hier kommt das Ökogas ins Spiel – eine potenziell klimafreundlichere Alternative zu fossilem Erdgas, die sowohl aus Biogas als auch aus kompensiertem Erdgas bestehen kann. Ökogas bietet eine Möglichkeit, die CO₂-Emissionen zu reduzieren, ohne sofort auf teure Umrüstungen angewiesen zu sein. Aber wie nachhaltig ist diese Lösung tatsächlich? Welche Formen von Ökogas gibt es? Wie wird es produziert? Und welche Rolle kann es in einer dekarbonisierten Zukunft spielen?


Was ist Ökogas?

Ökogas ist ein Sammelbegriff für gasförmige Energieträger, die im Vergleich zu konventionellem Erdgas eine zum Teil deutlich bessere Klimabilanz aufweisen. Dabei lassen sich zwei Hauptformen unterscheiden:

Biogas
Biogas entsteht durch die anaerobe Vergärung organischer Materialien in Biogasanlagen. Als Substrate dienen:

  • Landwirtschaftliche Reststoffe wie Gülle, Mist und Ernterückstände.

  • Energiepflanzen (beispielsweise Mais, Getreide und Raps), die speziell für die Biogasproduktion angebaut werden.

  • Bioabfälle aus Haushalten, der Lebensmittelindustrie und Klärschlamm.

Gut zu wissen: Das entstehende Rohbiogas besteht zu etwa 50 bis 70 Prozent aus Methan (CH₄) und zu 30 bis 50 Prozent aus CO₂, sowie Spuren von Schwefelwasserstoff und anderen Gasen. Bevor es in das Erdgasnetz eingespeist werden kann, muss es jedoch aufbereitet werden, um den Methananteil auf über 90 Prozent zu erhöhen (Biomethan).

Kompensiertes Erdgas
Hierbei handelt es sich um fossiles Erdgas, dessen CO₂-Emissionen durch Klimaschutzprojekte ausgeglichen werden. Diese Kompensation erfolgt häufig über Zertifikate, beispielsweise durch:

Kritiker argumentieren jedoch, dass diese Methoden nicht zur direkten Emissionsreduktion beitragen, sondern lediglich eine theoretische Bilanzkorrektur darstellen.


Vorteile von Ökogas

Klimaschonend
Da Biogas aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen wird, ist der CO₂-Ausstoß deutlich geringer als bei fossilen Brennstoffen. Zwar wird bei der Verbrennung ebenfalls CO₂ freigesetzt, jedoch nur so viel wie die Pflanzen zuvor gebunden haben (geschlossener Kohlenstoffkreislauf).

Ressourcenschonung
Durch die Nutzung von Abfallstoffen und nachhaltig angebauten Energiepflanzen wird die Abhängigkeit von endlichen Erdgasvorkommen verringert.

Regionale Wertschöpfung
Die Produktion von Biogas – und damit auch von Biostrom - kann dezentral erfolgen und stärkt die lokale Wirtschaft, insbesondere in ländlichen Regionen. Landwirte erhalten eine zusätzliche Einnahmequelle durch die Lieferung der benötigten Biomasse.

Flexible Einsetzbarkeit
Ökogas kann nicht nur zum Heizen genutzt werden, sondern auch zur Stromerzeugung oder als Kraftstoff für Fahrzeuge.


Potenzielle Nachteile und Kritikpunkte

Flächenkonkurrenz und Monokulturen
Kritiker bemängeln, dass der Anbau von Energiepflanzen wie Mais in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion steht. Intensive Monokulturen können zudem die Biodiversität beeinträchtigen und die Böden belasten.

Begrenzte Verfügbarkeit
Die Menge an Biogas aus Abfällen und Reststoffen ist begrenzt. Um den Bedarf komplett zu decken, müssten zusätzliche Energiepflanzen angebaut werden, was wiederum ökologische Probleme mit sich bringen könnte.

CO₂-Kompensation als umstrittene Lösung
Bei Ökogas, das auf CO₂-Kompensation setzt, besteht die Gefahr des sogenannten „Greenwashings“. Nicht alle Kompensationsprojekte sind transparent oder langfristig wirksam. Zudem bleibt die Abhängigkeit von fossilem Gas weiterhin bestehen.

Technische Herausforderungen
Die Aufbereitung und Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz erfordert aufwendige Technik. Zudem können bei unsachgemäßer Handhabung Methanemissionen entstehen, die einen schlechten Einfluss auf die Klimabilanz haben.


Die Zukunft von Ökogas

Die langfristige Rolle von Ökogas im Energiesystem hängt von mehreren Faktoren ab, darunter technologische Fortschritte, politische Rahmenbedingungen und die Verfügbarkeit nachhaltiger Rohstoffe. Zudem bedarf es deutlich mehr Transparenz – nicht zuletzt damit der Endkunde durch einen ausführlichen Ökogas-Vergleich schnell und einfach feststellen kann, welche Anbieter verfügbar sind und mit welchen Kosten man rechnen muss.

Steigerung der Effizienz und Nachhaltigkeit von Biogas

  • Fokus auf Abfall- und Reststoffnutzung: Um Flächenkonkurrenz zu vermeiden, sollte Biogas vorrangig aus Gülle, Bioabfällen und landwirtschaftlichen Reststoffen gewonnen werden.

  • Verbesserte Vergärungstechnologien: Neue Verfahren wie die Trockenfermentation oder die Kaskadennutzung von Biomasse könnten die Ausbeute erhöhen.

  • Reduktion von Methanlecks: Da Methan ein starkes Treibhausgas ist, müssen Leckagen in Biogasanlagen und Gasnetzen minimiert werden.

Power-to-Gas als Schlüsseltechnologie
Eine vielversprechende Ergänzung zu Biogas ist synthetisches Methan, das mittels Power-to-Gas (PtG) hergestellt wird. Dabei wird überschüssiger Ökostrom genutzt, um per Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen, der anschließend mit CO₂ zu Methan umgewandelt wird. Dieses Verfahren könnte langfristig eine vollständig erneuerbare Gasversorgung ermöglichen.

Politische und regulatorische Weichenstellungen

  • Striktere Nachhaltigkeitskriterien: Um Greenwashing zu verhindern, müssen Zertifizierungssysteme für Ökogas transparenter werden.

  • Förderung von Biogas aus Reststoffen: Staatliche Anreize könnten den Ausbau von Anlagen begünstigen, die keine Energiepflanzen benötigen.

  • Integration in die Wasserstoffstrategie: Da grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle in der Energiewende spielen wird, muss die Wechselwirkung zwischen Biogas- und Wasserstoffwirtschaft geklärt werden.

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