Einmal als unbedenklicher Multifunktionsstoff betrachtet, umgab Titandioxid, das von Zahnpasta bis Kaugummi alles in ein makelloses Weiß tauchte, lange ein Image der Harmlosigkeit. Doch die Zeiten, in denen dieses Pigment bedenkenlos verwendet wurde, sind vorbei. Heute ist Titandioxid in Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln verboten, während es in Medikamenten und Zahnpasta noch gestattet ist. Aber warum diese Unterscheidung?
Das EU-Verbot von Titandioxid in Lebensmitteln
Im August 2022 trat in der EU ein Verbot für Titandioxid in Lebensmitteln in Kraft. Diese Entscheidung folgte einer Bewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die Zweifel an der Sicherheit des Stoffes äußerte und die Möglichkeit einer genetischen Veränderung nicht ausschließen konnte. In Bio-Lebensmitteln war es schon vorher nicht erlaubt.
Laut einer Neubewertung der EU-Kommission im Dezember 2023 besteht auch bei der oralen Aufnahme von Titandioxid in Kosmetikprodukten ein potenzielles Risiko für genetische Veränderungen. Ein überarbeitetes Urteil bezüglich des Einsatzes von Titandioxid in Medikamenten wird für 2024 erwartet.
Verbraucher beeinflussen die Industrie
Es ist zu beobachten, dass immer mehr Zahnpastahersteller auf den Einsatz von Titandioxid verzichten, was teilweise auf den Druck der Verbraucher zurückzuführen ist. Trotz seiner früheren Beliebtheit als harmloser Zusatz in Lebensmitteln und seiner derzeitigen Verwendung in Pillen und Kosmetika, wird Titandioxid heute kritisch hinterfragt. Es findet sich in einer Vielzahl von Produkten, von Papier über Wandfarben bis hin zu Baustoffen und Straßenbelägen.
Die Situation in der Lebensmittelindustrie
Titandioxid war einst aus der Lebensmittelproduktion kaum wegzudenken. Es wurde zur Aufhellung von Lebensmitteln wie Süßigkeiten, Backzutaten und Saucen verwendet. Das 2022 in Kraft getretene EU-Verbot von Titandioxid als Zusatzstoff E171 hat in der Lebensmittelindustrie zwar keine Begeisterung ausgelöst, war aber nicht völlig unerwartet, zumal Frankreich bereits 2020 den Verkauf von Lebensmitteln mit Titandioxid untersagt hatte.
Die Herausforderung in der Pharmaindustrie
In der Pharmaindustrie sieht die Lage anders aus. Titandioxid wird häufig in Medikamenten verwendet, vor allem wegen seiner weißen Farbe und Deckkraft. Ein sofortiges Verbot könnte jedoch zu Versorgungsengpässen führen, da die Neuzulassung von Arzneimitteln ein langwieriger und kostspieliger Prozess ist. Daher wird Titandioxid in Arzneimitteln vorerst nicht verboten.
Titandioxid in Kosmetikprodukten
In der Kosmetikindustrie wird Titandioxid in Produkten wie Sonnenschutzmitteln, Cremes, Zahnpasta und Lippenstiften eingesetzt. Obwohl das Pigment auf gesunder Haut als sicher gilt, fordert das SCCS weitere Forschung, insbesondere zur Aufnahme von Titandioxid-Nanopartikeln über die Mundschleimhaut.
Unklarheiten im Bereich Farben und Lacke
In der Branche der Farben und Lacke sorgt ein EuGH-Urteil für Unsicherheit. Obwohl Titandioxid als potenziell krebserregend beim Einatmen eingestuft wurde, hat der EuGH die entsprechende Verordnung für nichtig erklärt. Dies führt zu weiterer Verwirrung und Unsicherheit bei den Verbrauchern.
Insgesamt steht Titandioxid heute im Zentrum vieler Debatten, und die zukünftige Verwendung dieses Stoffes in verschiedenen Produkten bleibt ein Thema von großem öffentlichem Interesse.